Verfahren nach §34 BauGB

Dieser Steckbrief wurde von der Ingenieurgesellschaft Prof. Dr. Sieker mbH erstellt.

Die Verfahren der verbindlichen Bauleitplanung ermöglichen die bauliche Nutzung von Flächen im Stadtraum. Sie schaffen Baurecht. Diese planerischen Vorgaben erstrecken sich jedoch längst nicht auf den gesamten Stadtraum.

Was ist §34 BauGB

Baugenehmigungsverfahren dienen der Überprüfung der landesrechtlich ausgestalteten Bauordnungen. Sie sind in ihrem Wesen ein originäres Instrument der Gefahrenabwehr. Insofern ist der Regelungscharakter hinsichtlich wassersensibler Fragestellungen begrenzt.

Im Vordergrund bauordnungsrechtlicher Prüfungen steht die Sicherstellung der Erschließung. Sofern sich ein Bauvorhaben nicht auf den Geltungsbereich eines Bebauungsplans oder städtebaulichen Vertrags mit wasserbezogenen Festsetzungen bezieht, ist die Art und Weise der abwasserseitigen Erschließung nachrangig. Im Unterschied zur Bauordnung von Nordrhein-Westfalen sieht z.B. die Berliner Bauordnung eine explizite Befreiung vom Anschlusszwang für Niederschlagswasser vor, sofern solche Maßnahmen „durch den Bebauungsplan festgesetzt, wasserrechtlich zulässig oder sonst angeordnet oder genehmigt sind“ (§ 44 Abs. 1 Satz 2 Bau OBln). Darüber hinaus formuliert die Berliner Bauordnung ein Versickerungsgebot für Gebiete in offener Bauweise, also Einzel- und Doppelhäuser (§ 44 Abs. 1 Satz 3 Bau OBln, (Senatsverwaltung für Stadtentwicklung 21.11.1958). Baugenehmigungsverfahren können je nach Vorhabenart stark variieren und lassen sich in vier Gruppen aufteilen (BauO NRW, BauO Bln):

  • Verfahrensfreie bzw. nicht genehmigungsbedürftige Bauvorhaben. Hierzu zählen kleinere Nebenanlagen, z. B. Garagen, Carports, nicht überdachte PKW-Stellplätze bis 100 m² (NRW) bzw. 30 m² (Berlin). Ein Großteil der Vorhaben im Geltungsbereich der GRZ 2 ist somit verfahrensfrei.
  • Von Genehmigung freigestellte Verfahren. Hierzu zählen Wohngebäude bis 2.500 m² Brutto-Grundfläche, sofern im Geltungsbereich eines B-Plans oder als Vorhaben mit einem positiven Vorbescheid (Berlin) oder Nebengebäude (NRW). Vorhabenunterlagen müssen eingereicht werden, es bedarf jedoch für den Bau keiner Genehmigung. In Nordrhein-Westfalen z.B. sind solche Vorhaben zudem nicht prüfpflichtig für die Gemeinde.
  • Vereinfachte Verfahren mit Prüfung durch Bauaufsicht, jedoch z. B. ohne Prüfung von Belangen des Arbeitsschutzes (NRW).
  • Reguläre Genehmigungsverfahren für Sonderbauten. Hierzu zählen Hochhäuser, bauliche Anlagen mit mehr als 30 m Höhe oder Gebäude mit mehr als 1.600 m² Brutto-Grundfläche.

Die Verfahrensart entscheidet maßgeblich darüber, ob das sogenannte Baunebenrecht Bestandteil der Prüfung durch die Bauaufsicht ist. In Berlin gilt seit 2005 die Bestimmung, dass die Baugenehmigung nicht mehr die Vereinbarkeit von Vorhaben mit sonstigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften (z. B. Wasserrecht) prüft.

Wasserwirtschaftliche Maßnahmen nach §34 BauGB

Für Bauvorhaben mit Versickerungsanlagen bedeutet die Regelung des Baunebenrechts, dass unabhängig vom Verfahren die wasserrechtliche Genehmigung eigenständig durch den Bauherrn zu beantragen ist. Sofern keine Versickerungsanlagen mit dem Vorhaben verbunden sind, entfällt eine wasserrechtliche Prüfung. Dies bedeutet, dass es innerhalb des Baugenehmigungsverfahrens nur eine Negativprüfung auf die Einhaltung des Wasserrechts bei Versickerung gibt. Die Positivprüfung auf Einhaltung des Versickerungsgebots nach § 55 Abs. 2 WHG ist nicht verbindlich.

Zusätzlich bieten die Landesgesetze, Satzungen und andere überregionale Regelwerke Möglichkeiten auch im Verfahren nach §34 BauGB Maßnahmen festzusetzen, wie folgende Liste zeigt. Hier ist zu beachten, dass es unterschiedliche Regelungen in den Landesgesetzen gibt, die Möglichkeiten zulassen können, oder verhindern, da sie nicht geregelt sind.

  • Versickerungsmaßnahmen
    • WHG §5
    • WHG §55 (2)
    • Landeswassergesetz möglich
    • Satzung möglich
    • DWA-M 102-4*
  • Dachbegrünung/ Retentionsdach
    • Satzung möglich
    • DWA-M 102-4
  • Bepflanzte Regenwassersysteme
    • Satzung möglich
    • DWA-M 102-4*
  • Speicher zur Regenwassernutzung
    • Satzung möglich
  • Fassadenbegrünung
    • Satzung möglich
    • DWA-M 102-4*
  • Entsiegelungsmaßnahmen/Teilversiegelung
    • Landeswassergesetz Wasserhaushalt
  • Wasserführende Flächen/Teiche
    • Landeswassergesetz Wasserhaushalt
    • Satzung möglich
    • Planfeststellung
  • M8 Behandlungsanlagen
    • WHG §5
    • Satzung möglich
    • DWA-A 102-2*
  • Starkregen-Abflüsse zurückhalten und leiten
    • Landeswassergesetz Wasserhaushalt
    • Satzung möglich

Warum ein Verfahren nach §34 BauGB?

Für die Vielzahl an Flächen innerhalb des im Zusammenhang bebauten Ortsteils (Innenbereich) und außerhalb des Geltungsbereichs von Bebauungsplänen vermittelt das Baugesetzbuch dennoch ein Baurecht, solange sich das geplante Vorhaben „nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der überbaubaren Grundstücksfläche“ in die nähere Umgebung einfügt (Hauth und Gänslmayer 2018).

Aus baurechtlicher Sicht ist ein wesentlicher Streitpunkt von Verfahren nach § 34 BauGB, ob es sich um den Innenbereich oder Außenbereich handelt. Städtebaulich ist das Verfahren sinnvoll, um ein für städtische Teilräume homogenes Stadtbild zu ermöglichen. Bildhaft gesprochen werden hochversiegelte Teilräume in hochversiegelter Form nachverdichtet, während Teilräume in lockerer, offener Bauweise in eben dieser Form weiterentwickelt werden.

Handlungsschritte

Mit Blick auf wasserwirtschaftliche Fragen im kommunalplanerischen Sinne ist das §34er-Verfahren problematisch, da es nur geringe planerische Eingriffsmöglichkeiten bietet. Die Lenkung solcher Verfahren beschränkt sich auf bauordnungsrechtliche Belange.

Als ein wesentliches Prüfkriterium für die Anwendbarkeit des § 34 BauGB gilt die abwasserseitige Erschließung. Sofern der betroffene Siedlungsbestand über eine Misch- oder Trennkanalisation verfügt, ist die Erschließung wahrscheinlich. Einleitbeschränkungen sind der entscheidende Hebel für wassersensible Planung in § 34er-Verfahren.

Neubauvorhaben im Geltungsbereich §34 BauGB

 

  • Handlungsdruck durch kommunale Satzungen (z.B. Satzung zur Gebäudebegrünung oder Text- Bebauungspläne)
  • Handlungsdruck durch kommunale Einleitbeschränkung

 

Das Berliner Hinweisblatt zur Begrenzung von Regenwassereinleitungen bei Bauvorhaben in Berlin (BReWa-BE) ist ein Beispiel eines wirksamen Instrumentes, um jenseits der verbindlichen Bauleitplanung Einfluss auf eine wassersensible Ausrichtung von Bauvorhaben zu nehmen. Die Regelungen des BReWa-BE sehen vor (SenUVK Juli 2021):

■ Rückhalt von Regenwasser auf dem Grundstück

■ Keine Einleitung in Einzugsgebieten der Mischwasserkanalisation und Gewässern erster Ordnung, nur begründete Ausnahmen zulässig

■ Maximale Drosselableitung von 2 l/s × ha in Einzugsgebieten von Gewässern zweiter Ordnung

■ Verbindlicher Überflutungsnachweis gemäß DIN 1986-100 für Grundstücke mit mehr als 800 m² abflusswirksamer Fläche

Tipps & Hürden

Tipps:

  • Regenwasserbewirtschaftungsplanung früh in Bauverfahren einfordern
  • Vorgaben aktiv vorgeben
  • Prüfung der Planung im Zuge des vorhabenbezogenen B-Plans erfolgen
  • Bestehende Ortssatzungen sind heranzuziehen.

Hürden:

  • Relativ wenig Einflussmöglichkeiten aus wasserwirtschaftlicher Sicht

Kosten

Art der Kosten PersonalkostenPlanungskosten
Details

Die Planungskosten richten sich nach den Vorgaben.

Weitere Daten

Monitoring Menge des eingeleiteten RegenwassersAnzahl der beeinflussten Bauanträge
Stakeholder Investor/BauantragsstellerAnwohnende
Fachbereiche BauamtEntwässerungBaubehörde mit den jeweiligen FachabteilungenWasserbehördeNaturschutzbehörde
Städte Referenz Berlin
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